Wer Governance, Risk und Compliance (GRC) digitalisieren will, steht vor einer strategischen Entscheidung. Doch viele Unternehmen unterschätzen, wie viel Klarheit, Struktur und Reife es braucht, damit eine GRC-Software wirklich funktioniert. Die bittere Wahrheit: Das Tool scheitert nicht am Code – sondern an der Organisation.
GRC klingt nach Fortschritt. Aber: Das Tool ist nicht die Lösung – es macht das Problem sichtbar
Regulatorischer Druck, zunehmende Risiken und steigende Komplexität bringen Unternehmen dazu, in GRC-Softwarelösungen zu investieren. Auf dem Papier ist das sinnvoll: eine zentrale Plattform für Compliance, Risikomanagement, Informationssicherheit, Datenschutz, BCM – und zunehmend auch interne Revision, Auditmanagement, Third Party Management und Dokumentenlenkung. GRC umfasst alle Mechanismen, mit denen Organisationen regelkonform, sicher und widerstandsfähig arbeiten.
Silo-Denken, unklare Prozesse – die Wirklichkeit in vielen Organisationen
Viele Unternehmen starten mit GRC, ohne die nötige innere Klarheit. Funktionen wie Datenschutz, ISMS, Compliance, Audit, Revision, Risikomanagement oder Third Party Management arbeiten in getrennten Systemen und Denkweisen.
Dokumentationen sind fragmentiert, Prozesse existieren in Excel, Audits verlaufen nicht standardisiert, Lieferantenrisiken sind nicht systematisch bewertet, und das Dokumentenmanagement ist bestenfalls historisch gewachsen – aber nicht GRC-tauglich.
Ein zentrales Repository? Fehlanzeige.
Gelebtes Risikomanagement? Im besten Fall ein Auditpunkt.
Das Tool soll dann alles „zusammenführen“. Die Wahrheit ist: Das Tool führt nichts zusammen – es deckt auf.
Wenn die Anforderungen unklar sind – und trotzdem entschieden wird
- Typische Muster, die Projekte in Schieflage bringen:Zeitdruck wegen Audit oder Vorstandsvorgabe
- Kein abgestimmtes Anforderungsprofil
- Fachbereiche liefern Wunschlisten – aber keine integrierte Zieldefinition
- Anbieter werden nach Feature-Liste oder UI bewertet
- Keine belastbare Marktanalyse, keine Proof-of-Concepts
- Entscheidung „aus dem Bauch“ – meist getrieben vom Anbieter mit dem besten Pitch
Und dann kommt die Einführung.
Die bittere Erkenntnis während der Implementierung
Plötzlich zeigt sich:
- Prozesse sind nicht definiert – also kann die Software nicht konfiguriert werden
- Rollen fehlen – also kann kein Rechtekonzept umgesetzt werden
- Verlinkte Dokumente gibt es nicht – weil es sie nie gab
- Interne Audits laufen ad-hoc, ohne systematischen Plan
- Lieferanteninformationen sind nicht strukturiert vorhanden
- Und mittendrin das IT-Team, das zwischen Fachbereichen, Rechtsabteilung, Revision und Toolanbieter vermitteln soll
Das Projekt beginnt zu schwimmen – doch ein Zurück gibt es nicht mehr. Budget, Zeit und politisches Kapital sind bereits verbrannt.
Die Software ist gekauft. Also wird eingeführt. Irgendwie.
GRC als Reifegrad-Test – nicht als Digitalisierung
Wer ein GRC-Tool einführt, testet seine Organisation auf Reife.
Und viele bestehen diesen Test nicht.
Denn eine GRC-Software ist kein Plug-and-Play-System. Sie ist ein Abbild der Unternehmenswirklichkeit – mit all ihren Lücken, Widersprüchen und Baustellen.
Wer unklare Prozesse, uneinheitliche Zuständigkeiten und fehlende Transparenz in eine Software „gießen“ will, bekommt kein funktionierendes System.
Er bekommt eine digitale Darstellung seines Chaos.
Wie es besser geht – und warum „erst Tool, dann Struktur“ niemals funktioniert
Die gute Nachricht: Es geht anders.
- Reife prüfen, bevor digitalisiert wird.
Ein einfacher GRC-Readiness-Check mit Fokus auf Organisation, Prozesse, Rollen und Schnittstellen zeigt frühzeitig, ob ein Tool überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann. - Anforderungen sauber klären – fachlich, technisch, prozessual.
Nicht: „Was wollen wir haben?“
Sondern: „Wie arbeiten wir aktuell, wie sollten wir arbeiten, und wie kann uns ein Tool dabei helfen?“ Dabei helfen strukturierte Fragen wie: Wo liegen Medienbrüche? Wer trägt Verantwortung? Welche Kontrollen gibt es bereits – und wo fehlen sie? - Cross-funktionale Workshops statt IT-Pflichtenheft.
GRC lebt von Interaktion. Alle Betroffenen müssen an Bord – nicht erst zur Einführung, sondern beim Design. - Pilotieren. Testen. Hinterfragen.
Ein Tool, das im Pilotbetrieb nicht überzeugt, wird auch später nicht besser. . Dabei lohnt sich bewusstes „Stresstesten“: Wo versagt die Logik? Wo fehlen Schnittstellen? Besser scheitern vor dem Rollout als danach - Organisatorische Lücken schließen – mit oder ohne Tool.
GRC umfasst Prozesse, Kontrollen, Dokumentation, Auditzyklen, Lieferantenscreenings, Vorfallmanagement – kurz: Struktur. Ohne diese Struktur nützt auch die schönste Benutzeroberfläche nichts.
Fazit: Ohne Klarheit keine Wirkung – GRC braucht mehr als Software
Eine GRC-Plattform kann enorme Vorteile bringen – wenn die Organisation bereit ist.
Wer aber hofft, dass das Tool die Probleme löst, wird bitter enttäuscht.
Denn GRC beginnt nicht mit dem Tool. GRC beginnt mit Klarheit. Wie klar ist Ihre Organisation aufgestellt?
Wer diese Klarheit nicht hat, sollte zuerst an der Organisation arbeiten – nicht am System.
Sie planen die Einführung einer GRC-Software – oder stecken bereits mittendrin?
Lassen Sie uns sprechen. Ich begleite Unternehmen nicht nur bei der Toolauswahl, sondern vor allem dabei, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung zu schaffen – strukturell, fachlich und organisatorisch.
Kontaktieren Sie uns für einen Readiness-Check oder ein Strategiegespräch – Bevor aus Hoffnung Frust wird.
Bildnachweis: (C) Yvonne Oster, Glöckner & Schuhwerk GmbH mit KI